August Friedrich Eichel (1698 – 1768)
Mir vertraute Friedrich voll und ganz
Ich bin August Friedrich Eichel, Geheimer Kabinettsrat im Dienst der preußischen Majestäten Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. Zeitlebens war ich bürgerlichen Standes. Selbst wenn Friedrich der Große hin und wieder geruhte, meinesgleichen in den Adelsstand zu erheben, tat er das nie bei den ihm am nächsten Stehenden. Und wer stand ihm näher? Speziell nach dem Ableben des guten Fredersdorf. „Der gute alte Eichel“ war ich für ihn. Und er war für mich der Sinn meines Lebens.
Es fiel mir nicht schwer, Geheimnisse zu wahren und Seiner Majestät jederzeit das Gefühl zu geben, dass Geheimnisse bei mir sicherer sind als bei Ihm selbst. Ich kannte keine andere Aufgabe als die, dem König zu dienen. Nichts in meinen Äußerungen, meinem Auftreten, meinen Ambitionen konnte den Eindruck erwecken, ich wollte mit dem König oder einem dem König Nahestehenden auf eine Stufe treten. Für König Friedrich II. war das Geheimnis ein wichtiges Machtmittel. Und ich war das Gefäß, dem Seine Majestät alle Geheimnisse anvertrauen konnte. Er sagte: „Ich verschließe mein Geheimnis in mir selbst, ich habe nur einen Sekretär, von dessen Treue ich überzeugt bin; sofern man also nicht mich selbst besticht, ist es unmöglich, meine Absichten zu erraten.“
Für den König war klar, dass man Geheimnisse tief in der Brust zu bewahren hat. Er wusste nur zu gut, dass bei den meisten Menschen die Gesichtszüge, der Glanz der Augen und selbstverständlich die Zunge es waren, die Geheimnisse offenbarten. „Müsste ich glauben, dass mein Hemd oder meine Haut etwas von meinen Absichten wüssten, so würde ich sie mir herunterreißen.“ So radikal dachte der König. Je mehr ich in die geheimsten Pläne des Königs eingeweiht wurde, desto mehr musste ich mein Herz verschließen. Es tut zuweilen weh, viel zu wissen, aber keine Meinung äußern zu dürfen. Zumindest keine, die der König nicht hören will.
16 Geheime Kabinettsräte dienten dem König im Laufe der 46 Jahre seiner Thronherrschaft. Keiner von ihnen war dem König allerdings so nahe wie ich.
Wenn Sie glauben, das Leben eines Geheimen Kabinettsrates wäre ein leichtes und luxuriöses gewesen, dann hat man Ihnen noch nichts erzählt von der Arbeitswut des Königs. Und wenn er arbeitete, hatten wir zur Stelle zu sein. Egal, ob zur Tages- oder Nachtzeit, egal an welchem Wochentag. Wer auch immer beim König vorstellig werden wollte, hatte sich zunächst an die Geheimen Kabinettsräte zu wenden. Wir bereiteten das alles auf, empfahlen dem König die Antwort und entwarfen sie zugleich. Wenn der König morgens erwachte, das war spätestens um fünf Uhr, lag unsere Post auf seinem Schreibtisch.
Mein Arbeitstag begann daher um vier Uhr. Bis acht Uhr hatte er alles durchgesehen. Die Briefe mit einer zustimmenden Antwort erhielten einen Kniff nach innen, die mit einer ablehnenden einen Kniff nach außen. Und jene Angelegenheiten, zu denen er sich noch ein Bild machen wollte, erhielten zwei Kniffe. Wir Kabinettsräte hatten nun die Antwortschreiben zu verfertigen. In aller Regel hatte der Absender die Antwort bis fünf Uhr am Nachmittag im Haus.
Ich selbst kann mir schmeicheln, dem König bei seinen allergeheimsten Angelegenheiten beigestanden zu haben. Namentlich in diplomatischen. Die ausländischen Gesandten in Berlin kannten zwar meine Rolle bei Hofe, keiner von ihnen hat mich aber je zu Gesicht bekommen. Ob ich verheiratet war? Was glauben Sie, hätte unser König wohl getan, wenn er mich mit einer Frau hätte teilen müssen? Nicht auszudenken! So bin und bleibe ich ein Mann ohne Gesicht.