Francois Mario Arouet („Voltaire“) (1694 – 1778)
Ein Philosoph in geheimer Mission
Mein Name ist Francois Marie Arouet, bekannt als Voltaire. Mon dieu, bitte kommen Sie mir nicht mit der Frage, ob Friedrich schwul war oder nicht. Ich gebe zu, in meinen Erinnerungen die Spekulationen kräftig angeheizt zu haben, ab was tut man nicht alles, um Auflage zu machen. Friedrich und ich fühlten uns als Philosophen. Mag sein, ich war es mehr als er, aber umso mehr trug er sein Philosoph-Sein wie eine Standarte vor sich her. Sei es drum, es war eine spannende Zeit, als sich die Aufklärung in Europa breit machte. Die Zeit mit Frederic war sehr anregend. Wir haben uns in den 42 Jahren zwischen dem ersten Briefwechsel und meinem Ableben mehrfach getroffen und wir haben korrespondiert…. Die Zählung unserer Briefe endet bei 245. Seine Briefe offenbarten Esprit und Geist.
Nach seiner Eroberung Schlesiens widmete sich der König verstärkt der Aufgabe, mich zu erobern. Dabei war ihm jedes Mittel recht. Sogar einen Brief ließ er fälschen, der mich in Paris in ein unpatriotisches Licht setzte. Er sorgte dafür, dass mein Brief an ihn vom 15. Mai 1742 – zumindest teilweise – publik wurde. Für manchen französischen Patrioten war ich von nun ab eine Unperson. Wollte mich Friedrich aus Frankreich herausgraulen? Ich wollte es herausbekommen und reiste im Sommer 1742 nach Aachen, wo Friedrich zur Kur weilte. Und siehe da: Die Einladungen nach Berlin wurden immer drängender. Hinzu kam die Unverschämtheit der Academie Francaise, einen freigewordenen Platz an meiner Stelle an einen Pfaffen zu vergeben.
Am 20. August 1743 kam ich in Berlin an und blieb diesmal bis zum 12. Oktober. Ich bekam heraus, dass der König eine Anleihe in Amsterdam aufgenommen hatte. War das ein Ansatz für französisches Entgegenkommen? So sehr ich mich bemühte: Friedrich ließ sich nicht in die Karten schauen. Auch spürte ich sehr schnell, dass der frankophile König mit mir keinen Dissidenten an die Tafel bitten wollte, sondern einen geachteten Vertreter unserer Nation, am besten noch mit Vollmachten ausgestattet. Es ist nicht wahr, dass meine Mission, zwischen Frankreich und Preußen einen Pakt zu schmieden, gescheitert ist. Zugegeben, Friedrich hat mich nie als Unterhändler oder Vermittler angesehen. Für ihn war ich nur der Dichter, der ihn beflügeln sollte. Wenn Friedrich später schrieb: „Seine Mission wurde ein Spiel, ein bloßer Scherz“, dann irrte er. Oder noch besser: Er wollte nicht wahrhaben, dass ich mich auch auf dem Felde der Politik mit einiger Sicherheit bewegen konnte. Gerade in der Politik stellen sich Erfolge nicht immer unmittelbar ein.
Nach meiner Abreise aus Berlin verbrachte ich noch ein paar sehr angenehme Tage in Bayreuth, bei der Schwester Friedrichs. Sie half mir, das Wesen dieses so widersprüchlichen Königs besser zu verstehen. So konnte ich in Paris ausführlich über meine Eindrücke am preußischen Hof Bericht erstatten. Ein Jahr später zeigten sich die Früchte meiner Mission: Als Frankreich von den Österreichern im Elsass bedrängt wurde, marschierte Friedrich mit seiner gesamten Streitmacht in Böhmen ein. Als er auch aus diesem Krieg als Sieger heimkehrte, titulierte ich ihn „Friedrich der Große“. Unser mehrjähriges Zusammenleben stand damals noch in weiter Ferne. Und wieder verlegten wir uns aufs Korrespondieren. Es war mir gleichgültig, dass ihm meine Fragen und Bemerkungen zu außenpolitischen Entwicklungen wie dreiste Einmischung vorgekommen sein müssen.
Sieben Jahre später, am 28. Juni 1750 verließ ich Paris erneut, um mich auf den Weg nach Potsdam zu machen. Diesmal dauerte mein Aufenthalt fast drei Jahre. Aber das ist eine andere Geschichte, die allerdings mit einer Flucht und einer heftigen Verstimmung endete. Dennoch: Unser Briefwechsel setzte sich fort.