Frau Schenker (Lebensdaten unbekannt)
Er konnte die Mark Brandenburg genießen
Ich frage mich selbst, ob es mich wirklich gegeben hat, oder ob ich nur ein Produkt dichterischer Freiheit bin. Gleich auf den ersten Seiten des Bandes „Spreeland“ schrieb Theodor Fontane über mich: „Frau Schenker ist eine freundliche Wirtin und eine stattliche Großmutter; ob deutsch oder wendisch, sie hängt am Spreewald und schreibt der Spree, neben allem sonstigen Guten, auch wirkliche Heil- und Wunderkräfte zu, worüber wir uns in einen scherzhaften Streit mit ihr verwickeln.“ Wie dieser Streit ausgegangen ist – darüber berichtete Fontane allerdings nicht.
Aber über das Gericht können Sie nachlesen: „Das wäre kein echtes Spreewaldsmahl, wenn nicht ein Hecht auf dem Tisch stünde?“ Und dann hatte er auch gleich einen Reim parat: „Die Leber ist von einem Hecht und nicht von einem Schlei,/ Der Fisch will trinken, gebt ihm was, dass er vor Durst nicht schreie.“ Ein Trinkspruch also, den uns der Herr Fontane hier auftischte. Das alles trug sich im Jahr 1859 zu, als Fontane mit Dichterkollegen aus dem „Tunnel über der Spree“ eine Reise in den Spreewald unternahm.
In Lübbenau war man auf einen Kahn umgestiegen. Dann ging es an Lehde und Leipe vorbei in Richtung Burg. Ein „mit Schlangenkraut überwachsener Flußarm“ führte die Reisegesellschaft „nach der ‚Eiche‘, einem mitten im Spreewald gelegenen und von Frau Schenker in gutem Ansehen erhaltenen Wirtshause“. Getafelt wurde unter einer mächtigen Linde, die inzwischen von mehreren schattenspendenden Eichen abgelöst ist. Sie sind es, die dem heutigen „Waldhotel Eiche“ den Namen geben. Wie allerdings ich und der Name Schenker in Fontantes Erzählung kommen, kann niemand sagen. Denn es ist erwiesen, dass die Gastwirtschaft über fünf Generationen von der Familie Roschke betrieben wurde. Zur Zeit von Fontanes Besuch hieß der Wirt Friedrich Wilhelm Roschke. Von Schenker also keine Rede.
Aber wie wäre es, wenn ich Ihnen noch ein wenig über den Feinschmecker Fontane erzähle? Nein, Fontane war kein Topfgucker, der mit Feinschmeckerzunge kritisch bewertete, was auf den Tisch kam. Fontane konnte auch mit Einfachstem zufrieden sein. Von ihm stammt der Satz: „Ein Stück Brot ist ein Höchstes, ist Leben und Poesie.“ Und er ist bis heute noch ein willkommener Ratgeber in Sachen Kulinarik. Die feinen Tafelsitten seiner französischen Vorfahren hatte er zum Glück weitestgehend abgelegt und war in Fragen des Geschmacks längst ein Preuße. Ihm schmeckte das Deftige und Ungekünstelte. Vor allem aber mochte er Speisen, die aus dem bereitet waren, was Flora und Fauna der Umgebung hergaben.
Da schaute er genau hin. Denn wer sich für Land und Leute interessiert, will auch wissen, was sie essen und wie sie essen. Natürlich ergeben die einzelnen Produkte noch keine komplette Speise. So gesehen war auch Fontane ein Gourmet, denn gut zubereitet mussten die Speisen auch für ihn sein. Zum Beispiel serviert man in Rheinsberg Schmorbraten in Ingwersoße mit Apfelrotkohl und Kartoffelklößen als „Fontanes Lieblingsgericht“.
Ein paar Kilometer weiter, in Neuglobsow am Stechlinsee, steht das rustikale Restaurant „Fontanehaus“, eine ehemalige Glasmacherhütte. Es heißt, unter der riesigen Linde hinter dem Haus habe Fontane gesessen. Belegt ist das nicht. Trotzdem steht hier der „Fontaneschmaus“ auf der Speisekarte: geschmorte Rindsroulade, gefüllt mich Speck und Porree. Dazu Rotkohl und Kartoffelpüree. Aber Vorsicht, der Dichter muss nicht überall persönlich eingekehrt sein, wo in seinem Namen Gäste verwöhnt werden.