Friedrich Schiller (1759 – 1805)
Freude über den Großen Schillerpreis?
Was hat sich der Prinzregent Wilhelm von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm I., wohl gedacht, als er den „Großen Schillerpreis“ 1859 stiftete? Nun gut, das geschah anlässlich meines 100. Geburtstages. Aber hat der Mann meine Haltung zu gekrönten Häuptern bedacht? Immerhin floh ich 1782 vor meinem damaligen Landesherren, dem Herzog Karl Eugen, aus Württemberg über Thüringen, denn mir drohte Festungshaft. Ausgerechnet der preußische Prinz, der sich lautstark für ein gewaltsames Vorgehen gegen revolutionäre Demonstranten aussprach, als Oberbefehlshaber die Aufstände in Süddeutschland blutig niederschlagen ließ und vom Volk als „Kartätschenprinz“ bezeichnet wurde, brüstete sich nun mit meinem Namen.
Was das alles mit Theodor Fontane zu tun hat? Im Jahr 1890 gehörte er mit dem niederdeutschen Lyriker Klaus Groth zu den Geehrten. Er erhielt ihn für die „schriftstellerische Gesamtleistung“. Immerhin musste laut Statuten des Preises der Kaiser persönlich sein Einverständnis erklären. Übrigens: Der volle Preis (einschließlich Denkmünze) wurde in der vierundfünfzigjährigen Geschichte des Preises überhaupt nur sechsmal verliehen. Fontane nahm den Preis dankend entgegen, zu Freudensprüngen dürfte er ihn nicht verleitet haben. Der Doktortitel der philosophischen Fakultät der Berliner Universität dürfte ihm wichtiger gewesen sein.
An Ehrungen hat es Fontane wahrlich nicht gemangelt, auch wenn sie erst im gesetzten Alter kamen: Zu nennen wären da der preußische Kronenorden, der Rote Adlerorden und das Ritterkreuz des Hohenzollernschen Hausordens. Aber das war nicht entscheidend für ihn. Ich darf ihn zitieren: „… als ich eines Tages las, dass es nur noch drei große Männer in Deutschland gäbe: Bismarck, Menzel und Fontane – da wurde mir doch unheimlich“. Übrigens: Fontane gehörte auch zu den Aktiven in der Schiller-Stiftung, die sich seit 1855 dankenswerter-Weise vor allem für verarmte Autoren einsetzte.
Aber da war noch mehr, was mich und Fontane nahebrachte. Vor allem war es das tiefe Interesse an Geschichte. Das hat er bei Sir Walter Scott gelernt. Seine Romane handelten alle vor einem geschichtlichen Hintergrund. Auch ich habe mich intensiv in die Geschichte hineingedacht. Sogar zum Universitätsprofessor habe ich es gebracht. Meine Antrittsvorlesung in Jena unter dem Titel „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte“ wurde zu einem Ereignis. Als Ergebnis meiner Geschichtsstudien entstanden vor allem Dramen. Deren Schauplätze waren Frankreich, England, Italien, die Schweiz und Deutschland zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges.
Damit noch nicht genug! Fontane und ich hatten Phasen, in denen wir sehr produktiv im Verfassen von Balladen waren. Dabei gebührt der Ehrenkranz eindeutig dem Jüngeren. Auf 250 Gedichte hat er es gebracht, die meisten davon Balladen. In ihnen erzählt er von geschichtlich verbürgten, schicksalhaften Ereignissen, zum Beispiel über ein Zugunglück auf der Brücke am Tay oder über den tapferen Steuermann John Maynard auf dem Eriesee. Auch Goethe und ich hatten unser „Balladenjahr“. Das war 1797, als wir innerhalb weniger Wochen im Wettstreit 12 Balladen verfassten. Wer kennt sie nicht: „Die Bürgschaft“, „Der Taucher“, „Der Erlkönig“? Doch unsere Balladen beschrieben meist Geschehnisse in der Welt der Legenden. Ich freue mich jedenfalls, dass dieser Theodor Fontane mein Denkmal vor dem Berliner Schauspielhaus nach der Enthüllung an meinem 112. Geburtstag erleben durfte.