Madame Nothnagel (Lebensdaten unbekannt)
Kann man wirklich Gold machen?
Man kennt mich als „Madame Nothnagel“. Das soll auch hier genügen. Der Hexensabbath war nie mein Ding. Warum sollen sich Frauen nur mit Sprüchen, Gebräu und Tinktur begnügen? Man soll den hohen Herren geben, wessen sie bedürfen. Und wenn sie Gold wollen, dann soll man ihnen Gold geben.
Ich muss Ihnen zunächst über Herrn Fredersdorf erzählen, der in der Berliner Friedrichstraße 210 (benannt nach dem Großvater unseres derzeitigen Monarchen) ein Laboratorium mit mehreren Alchimisten unterhielt. Er wurde nicht müde zu betonen, dass er die Experimente nur zum Nutzen seines Königs betreibe. Immerhin war er „Geheimkämmerer“ Friedrichs II. und somit der Verwalter der königlichen Schatulle. Da wäre es ja wohl ein gutes Werk, wenn mehr Gold in die Schatulle hereinkäme als herausging. Immer wieder hat der Herr Fredersdorf versucht, seinen König in die Goldmacherei mit hineinzuziehen. Und ich habe ihm gut zugeredet. Denn wie bei allen großen Unternehmungen muss man erst Geld hineinstecken, um es dann – leidlich vermehrt – wieder herauszuziehen. Das habe ich ihm immer wieder erklärt. Der gute Fredersdorf hatte es aber nicht leicht mit einem König, für den Goldmacher das Gleiche waren wie Kurpfuscher. Soviel der gute Fredersdorf auch insistierte, der König blieb der „ungläubige Thomas“.
Irgendwann im Spätsommer 1753 gab Friedrich dem Drängen Fredersdorfs nach und stellte mich dem König vor. Über diese Begegnung möchte ich mich hier nicht verbreiten. Die Leute sollen über mich sprechen wie sie wollen, aber eine Plaudertasche bin ich nicht. In Männerkleidung bin ich gekommen und wurde in ein Wachzimmer geführt. Für den König schien es nicht ungewöhnlich gewesen zu sein, für geheime Treffen auch die weniger prächtigen Räume seines Schlosses aufzusuchen. Mir gegenüber hat er sich höflich und sehr interessiert gezeigt. Über meine Methode, Gold herzustellen, gab ich ihm allerdings keine präzise Auskunft. Er akzeptierte, dass das mein Geheimnis ist.
Fredersdorf berichtete mir anderntags, dass der König seine Zurückhaltung noch nicht ganz aufgegeben habe, aber bereit sei, einen Vertrag abzuschließen. Danach werde er aus seiner persönlichen Schatulle Gold zur Verfügung stellen, das ich dann nach meiner Methode zu vermehren hätte. Erst später habe ich erfahren, dass der König das künstlich hergestellte Gold als sein Eigentum zur Prüfung an die Münze geben wollte, um größtmögliche Diskretion zu wahren. „So kann uns keiner in die Karten gucken.“ Noch bevor ich Gelegenheit bekam, mein Experiment zu starten, zog sich der König von allen seinen Versprechungen zurück. Fredersdorf zeigte mir den Brief des Königs: „Die gewisse Person hat uns betrogen, du hättest mich bald verführt.“ Und dann kam es besonders schlimm: „Die gute Frau bildet sich mehr von ihrer Wissenschaft ein, als es wahr ist. Könnte sie Gold machen, so hätte sie es längst gemacht.“
Ende Oktober, Anfang November 1753 hielt sich der König in Schlesien auf. In dieser Zeit lieferte ich Gold aus meinem Laboratorium an Fredersdorf. Der war erfreut und erleichtert. Nun stand er seinem König gegenüber nicht mehr als Schwindler da. Friedrich aber blieb misstrauisch. Er ließ Fredersdorf wissen: “Wegen der Frau so lasse nur von jeder Schmelze ein Stück durch einen guten Goldschmied probieren, der wird sehen, ob es Messing, Kupfer oder Gold ist.“
Und trotzdem, der König hoffte insgeheim, dass doch alles mit rechten Dingen zuginge. Denn er instruierte Fredersdorf, er solle, sollte es sich bei meinen Proben um Gold handeln, dieses sofort zur Münze bringen und auf eigene Rechnung prägen lassen. Doch wieder konnte der schlaue Fuchs es sich nicht verkneifen. “Ich bin fast gewiss und überzeugt, dass es wieder Wind sein wird.“ Nun mochte sich auch Fredersdorf nicht mehr mit mir treffen.